10.08.2021 10:24 Uhr

Christof Rasche: „Wir brauchten eine Regelung für den Tennissport“

Interview mit dem Fraktionsvorsitzenden der NRW-FDP

Jan-Henning Janowitz (links, WTV-Vizepräsident Marketing und Kommunikation) traf den Fraktionsvorsitzenden der NRW-FDP, Christof Rasche, zu einem konstruktiven Austausch in seinem Landtagsbüro. © WTV

Wenige Tage vor dem geplanten Start des Mannschaftsspielbetriebs Anfang Juni liefen die Drähte bei Christof Rasche heiß. Der Landespolitiker aus Erwitte im Kreis Soest ist nicht nur leidenschaftlicher Sportler, Verfechter der positiven Tugenden und Werte des Sports und Vereinsfunktionär beim Tennisverein Erwitte, sondern auch FDP-Fraktionsvorsitzender im NRW-Landtag in Düsseldorf. In dieser Funktion ist er auch mit komplizierten Fragen und Problemen im Umgang der NRW-Koalition mit der Pandemie befasst. Einer dieser Detailfragen, rund um Lockerungen für den Tennissport, hat er sich persönlich angenommen. Für Westfalen Tennis hat sich Christof Rasche an einem heißen Tag Mitte Juni Zeit für ein Interview genommen.

Herr Rasche, Sie sind Fraktionsvorsitzender der NRW-FDP und waren viele Jahre Sprecher für Bau, Verkehr und Sport. Erläutern Sie uns Ihren sportlichen Background.

Ich habe als Kind Fußball und 24 Jahre aktiv und mit großem Engagement Handball gespielt. Glücklicherweise habe ich mich nie ernsthaft verletzt. Tugenden des Sports wie Kampfgeist und Beharrlichkeit lasse ich heute in meine tägliche Arbeit als Politiker einfließen. Als älterer Handballer fängt man dann schon mal mit Tennis an und auch da habe ich 20 Jahre lang in der Mannschaft gespielt. Beim Tennis ist es wichtig, eine gewisse Sicherheit im Schlag zu haben. Als aktiver Landespolitiker fehlt mir allerdings die Zeit, um mir diese Sicherheit durch regelmäßiges Training zu holen. Den Tennisverein Erwitte in meiner Heimatstadt habe ich dann im Vorstand, u.a. drei Jahre als Vorsitzender, begleitet. Weil es mir Spaß macht und der Kontakt zu den Mitgliedern klasse ist, schreibe ich seit 20 Jahren die Vor- und Nachberichte für die Spiele des TVE. Die Verbundenheit zum Tennis ist eng. Darüber hinaus bin ich seit 1994 Vorsitzender vom Stadtsportverband in Erwitte, der die Interessen des Sports in der Stadt bündelt und den ich mitgegründet habe. Zusammengefasst: Ohne Sport läuft bei mir nichts!

Sie haben sich in der Politik deutlich vernehmbar für Lockerungen ausgesprochen und waren maßgeblich daran beteiligt, dass seit Anfang Juni in NRW auch wieder Tennis unter Wettkampfbedingungen gespielt werden kann. Wie sieht so ein Entscheidungsprozess aus? Können Sie das in ein paar Worten transparent machen?

Das ist eine interessante Frage, die sich schwer pauschal beantworten lässt. Wir sprechen innerhalb der NRW-Koalition auf allen Ebenen miteinander: im Kabinett, in den Fraktionen und auch im Koalitionsausschuss. Während der Coronapandemie kommunizieren wir noch mehr als sonst. Die Fraktionen haben manchmal auch weitergehende Vorstellungen gehabt als die Regierungsmitglieder. In solchen Situationen spielt die sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten eine große Rolle. Die FDP-Landtagsfraktion hat Corona immer ernst genommen, aber stets versucht, auch verantwortungsvoll und zügig zu öffnen. Dafür haben wir immer wieder gekämpft. Ich habe persönlich beharrlich für verantwortliche, aber niemals leichtsinnige, Öffnungen geworben - sehr wohl risikobereit, aber angemessen. Tennis ist da ein gutes Beispiel.

Wir haben uns leiten lassen von der These „Außen ist alles ungefährlicher als Innen“, deswegen muss man für den Außenbereich schneller zu Öffnungen kommen als Innen. Obwohl ich mich schon im Winter für die Öffnungen der Tennishallen - mindestens für das Einzel - eingesetzt habe, hat es länger gedauert, bis ich mit meiner Position überzeugen konnte. Aber auch das gehört in der Politik dazu und für eine Pandemie gibt es kein Drehbuch. Im Frühjahr konnte ich dann die Koalition überzeugen, dass es beim Tennis kein relevantes Risiko gibt und nichts passieren kann und wir brauchten eine Regelung. Damit der Spielbetrieb in der ersten Juni-Woche starten konnte, wollten wir in enger Abstimmung mit den betroffenen Akteuren eine Lösung herbeiführen. WTV-Präsident Robert Hampe war dabei ein wichtiger Gesprächspartner. Es war gut, dass wir uns ausgetauscht haben, damit auch Detailfragen geklärt werden konnten. Es ist schön, wenn man etwas für die Menschen erreicht. Obendrein war es ein schönes Geburtstagsgeschenk.

Der Landessportbund NRW hat früh betont, dass Sport Teil der Lösung bei der Pandemiebekämpfung und ihrer Folgen ist. Hat die Politik das rechtzeitig erkannt?

Es ist schwer das zu verallgemeinern. Die Zusammenarbeit der NRW-Koalition aus CDU und FDP mit dem Landessportbund ist sehr gut. Ich bin der Überzeugung, dass die NRW-Koalition ein verlässlicher Partner des Sports ist und das Potenzial des Sports kennt. Aber es gibt immer Detailfragen, die in der Pandemie viel Abwägung und Zeit benötigt haben. Dass wir in einer Corona-Krise nicht als erstes Ringen zulassen, sondern eher die kontaktfernen Sportarten ist auch klar. In der Tat trat die konkrete Frage auf: Ist ein Doppel im Tennis Kontaktsport? Diese Frage mussten wir klären. Verschiedene Gesundheitsämter aus Städten und Kreisen waren unterschiedlicher Ansicht. Da mussten wir dann nochmal für Klarheit sorgen. Tennisdoppel zählt nicht als Kontaktsport.

Im Tennis nahmen die unterschiedlichen Verordnungen der Länder groteske Züge an. Es gab im Winter einen Tennis-Tourismus nach Niedersachsen und Hessen, während in Westfalen die Hallen geschlossen waren. Wie viel Verständnis bringen Sie einerseits für die unterschiedlichen Auslegungen der Schutzmaßnahmen und andererseits für die Sportler auf?

Ich habe vollstes Verständnis für die Sportler - ich kenne einige persönlich -  die nach Hessen gefahren sind und dort Tennis gespielt haben. Ich habe diesen Unterschied für verrückt gehalten. Ich bestimme - und das ist auch gut so - nicht alleine die Politik in NRW, auch nicht die Partei, der ich angehöre. Es gibt eine Koalition und Politik macht man dann auch durch Kompromisse. Ich hatte eine Minderheitenmeinung, habe aber beharrlich für meine Position geworben. Vielleicht war das am Ende die Vorlage, dass wir im Juni den Spielbetrieb wieder starten konnten. Politik erfordert langen Atem.

Wenn man sich die Verordnungen anderer Länder im Detail angeschaut hat, waren Niedersachen und Hessen in anderen Bereichen bei weitem nicht so öffnungsfreundlich wie NRW. Wir schneiden als Bundesland da gut ab. Dennoch haben mich das Schließen der Tennishallen und die nicht vorhandene Bereitschaft, sie zu öffnen, geärgert.

Durch die Pandemie ist es schwerer geworden, sich z. B. im Sport ehrenamtlich zu engagieren. Sie fordern ein unbürokratisches Förderprogramm, um die Vereine von Seiten des Landes NRW zu unterstützen. Wie könnte ein solches Förderprogramm aussehen?

Wir haben die Mittel für den Sport deutlich erhöht. Jetzt arbeiten wir daran im Dialog zwischen Land, dem Landessportbund und auch einzelnen Sportverbänden, das konkret auszugestalten. Ich halte nichts von einer Politik, die nur hier in Düsseldorf am Grünen Tisch gemacht wird und die denen, die es betrifft, übergestülpt wird. In NRW machen wir es anders, nämlich gemeinsam. Die feste Zusage steht und die konkreten Details werden erarbeitet. Mir geht es beim Ehrenamt aber auch um ein Selbstverständnis und dafür werbe ich auch immer. Wenn man als junger Mensch viele Jahre vom Ehrenamt profitiert hat, dann ist man später auch in der Verantwortung, das was man wie selbstverständlich genossen hat, auch wieder zurückzugeben. Dieser sportliche Generationenvertrag hat gelitten. Nicht nur unter Corona, sondern vorher auch schon. Dafür müssen wir werben. Das ist kein Automatismus, aber so funktioniert Ehrenamt und dann müssen sich die Vereine auch keine Sorgen mehr machen.

Sie engagieren sich beim TV Erwitte im Bereich der Vereinskommunikation, richten sogar zum 70-jährigen Vereinsjubiläum des Vereins in diesem Jahr ein Damen-Weltranglistenturnier aus. Haben Sie einen Ratschlag, wie sich ein Tennisverein kommunikativ aufstellen sollte?

Bei der Kommunikation ist eine Beständigkeit ganz wesentlich. Uns ist es gelungen, seit 20 Jahren für die Spiele unseres Vereins eine Vor- und Nachberichterstattung in der Zeitung zu verankern. Diese Beständigkeit wird wahrgenommen. Dadurch gewinnt man Respekt und Sichtbarkeit in der Stadt. Auch hier sind Kommunikation und die positive Darstellung enorm wichtig. Gute Kommunikationsarbeit ist ein Schlüssel für den Erfolg und das Bestehen eines Vereins.

Mit der Zeit ist das bei Politikern so eine Sache. Werden Ihre Bemühungen in den letzten Monaten und Wochen für den Sport und für das Tennis Sie auch wieder vermehrt auf den Court treiben?

Als Zuschauer auf jeden Fall. Ich schaue gerne unserer Herren 30 in der Westfalenliga zu, treffe dort alte Bekannte und Mitglieder und für ein gutes Gespräch und ein Getränk. Die Zeit, um selber zu spielen, fehlt. Immerhin habe ich im letzten Jahr an einem fünftägigen Tenniscamp beim TVE teilgenommen. Eine schöne Abwechslung zum Laufband oder Crosstrainer zu Hause. Ich werde es wiederholen.

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